Ernährungsbildung gehört ins Curriculum

11.12.20 08:18 Uhr


Wir freuen uns sehr, dass unsere langjährige Forderung „Ernährungs- und Verbraucherbildung gehört auf den Stundenplan“ aktuell auch vom Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft diskutiert wurde. Nachfolgend stellen wir Ihnen den vollständigen Artikel zur Verfügung, der im Newsletter des Bundeszentrums für Ernährung am 09.12.2020 erschienen ist.

 

 

 

Runder Tisch Ernährungsbildung zeigt Handlungsbedarfe

 

(BZfE) – „Schulischer Unterricht sichert derzeit nicht für alle Schülerinnen und Schüler die Grundbildung Ernährung ab, weil die strukturellen Voraussetzungen dafür fehlen.“ Professorin Dr. Silke Bartsch von der Technischen Universität Berlin brachte die aktuelle Situation der ernährungs- und haushaltsbezogenen Bildung in Deutschland anlässlich des Runden Tisches Ernährungsbildung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) am 24. November 2020 auf den Punkt.

 

Das tägliche Essen und Trinken ist wesentlicher Teil der Haushalts- und Lebensführung jedes Einzelnen. Um gesundheitsfördernde und nachhaltige Ernährungsstile zu fördern, müssen Kinder und Jugendliche beispielweise Kenntnisse der Nahrungszubereitung und Mahlzeitengestaltung erwerben sowie Zusammenhänge zwischen Essverhalten und Identität kennen. Dieses Kulturwissen kann in der heutigen Arbeitswelt immer weniger in Familien tradiert werden. Schule kommt daher die zentrale Aufgabe zu, diese ernährungsbezogene Grundbildung zu sichern. Hierfür braucht es einerseits eine curriculare Verankerung und andererseits qualifizierte Lehrpersonen. In beiden Bereichen hapert es.

 

Viele Bundesländer haben in der Sekundarstufe Unterrichtsfächer mit Inhalten der Ernährungs- und Verbraucherbildung. Dazu gehören z.B. die haushaltsbezogenen Fächer wie WAT (Wirtschaft, Arbeit, Technik) in Berlin und Brandenburg sowie AES (Alltagskultur, Ernährung, Soziales) in Baden-Württemberg. Da diese aber oft nur als Wahlpflichtangebot in Klassenstufe 7-10 angeboten werden, profitieren nicht alle Schülerinnen und Schüler davon. Eine durchgängige curriculare Verankerung der Ernährungsbildung von der Primar- bis zur Sekundarstufe II fehlt insbesondere im Gymnasium. Das zeigte eine aktuelle Studie der Universität Paderborn, die das BMEL in Auftrag gegeben hatte.

 

Professorin Bartsch forderte beim Runden Tisch, einen lebensweltbezogenen Ernährungsunterricht für alle Schülerinnen und Schüler in allen Klassenstufen und allen Schulformen strukturell über die haushaltsbezogenen Unterrichtsfächer anzubieten. Dazu brauche es entsprechend qualifizierte Lehrpersonen. Die universitäre Ausbildung sei Voraussetzung für die Umsetzung einer zeitgemäßen Ernährungsbildung in Schulen, so Bartsch.

 

Nur an wenigen Standorten in Deutschland gibt es noch eine universitäre Lehramtsausbildung, die Ernährungs- und Verbraucherbildung abdeckt. Viele Bundesländer bilden keine Lehrkräfte mehr in haushaltbezogenen Fächern aus. Rund 19 Prozent der Lehrpersonen unterrichten Ernährungsthemen fachfremd, zum Teil mit fehlerhaften Schulbüchern, fanden die Paderborner Wissenschaftlerinnen Dankert und Hirsch heraus. Die fehlende Fachexpertise ist besonders problematisch, wenn im Unterricht „ungefiltert“ laienhafte Ernährungskonzepte eine scheinbare Fachlichkeit vorgeben und wissenschaftlich abgesicherte Ernährungsempfehlungen ersetzen. Dabei wäre es notwendig, dass Schülerinnen und Schüler lernen, mit den widersprüchlichen Informationen, z. B. in Social Media umgehen zu können. Für einen wissenschaftsbasierten Ernährungsunterricht ist eine fachdidaktische Ausbildung unabdingbar, so Bartsch.

 

Wie die Paderborner Studie zeigte, informieren sich auch Lehrkräfte über Ernährungsthemen vorzugsweise im Internet. Entsprechend essenziell sind fachlich gesicherte und aktuelle Informationen, wie sie eine Institution wie das Bundeszentrum für Ernährung zur Unterstützung der Lehrpersonen im Internet bereitstellt. In Bezug auf die Professionalisierung von Lehrpersonen sind außerdem regelmäßige Fortbildungen in der langen Phase der Berufstätigkeit unabdingbar.

 

Neben einem umfangreichen Informationsangebot auf www.bzfe.de sowie qualitätsgesicherten Unterrichtsmaterialien bietet das Bundeszentrum für Ernährung regelmäßig Lehrkräftefortbildungen für eine praxisorientierte, lebensweltbezogene Ernährungsbildung an. Die aktuellen Angebote finden interessierte Lehrpersonen hier: www.bzfe.de/bildung/fortbildungen/

 

Dr. Barbara Kaiser, www.bzfe.de

 

Bildquelle: Pixabay